Ökumenische Versammlung für Gerechtigkeit, Frieden und
Bewahrung der Schöpfung. Dresden — Magdeburg — Dresden.
Eine Dokumentation. 1990
Wenn die Aktion Sühnezeichen/ Friedensdienste in diesen politisch bewegten Wochen vor der ersten Ökumenischen Weltversammlung für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung in Seoul gemeinsam mit Pax Christi die Texte der Ökumenischen Versammlung in der DDR für eine breitere Öffentlichkeit hierzulande dokumentiert, dann nicht zuerst aus historischem Interesse: Sie sind uns Handreichung und Orientierung für unsere Friedensarbeit; insbesondere in einer Situation, in der die magische Beschwörung nationalstaatlichen Denkens gemeinsam gewonnene Einsichten wegzufegen droht, ohne die eine Lösung derjenigen drängenden weltweiten Probleme nicht gelingen kann, die mit den Stichworten des ökumenischen Prozesses angesagt sind.
Im Text »Kirche des Friedens« (7) findet sich unter der Überschrift »Kirche des Friedens werden heißt, im weltweiten ökumenischen Horizont zu denken und zu handeln« eher beiläufig ein folgenreicher Satz. Er liegt wie ein Felsbrocken quer zum schäumenden Strom des aktuellen, an Staatsgrenzen ausgerichteten politischen Denkens, das auch in kirchlichem Handeln Niederschlag findet: »In der Spannung zwischen unseren staatsbürgerlichen Pflichten und unserer ökumenischen Verantwortung entdecken wir uns als Glieder des universalen Friedensbundes Gottes.« (Zif. 14) Politisch übersetzt bedeutet dieser Satz: Die Loyalität mit dem Staat, erst recht gegenüber dem Nationalstaat, findet dort ihre Grenze, wo sie mit den Zielen des universalen Friedensbundes, mit der solidarischen Gemeinschaft dieses Bundes in Konflikt gerät. Der Friedensbund kann seine Ziele »Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung« nur global erreichen.
Jede Handlungsperspektive, die als besondere und für sich (sei der Name nun Deutschland oder Europa), die ohne die konkrete Einbindung in den weltweiten Zusammenhang gedacht und gesucht wird, setzt in sich bereits den anderen, den Fremden, den Feind und verfehlt damit notwendig ihr Ziel. Sie grenzt aus, sie grenzt ab. Ohne konkretes politisches und gesellschaftliches Handeln, das auf die Förderung von friedlicheren, gerechteren Strukturen und Verhältnissen weltweit, auf die grundsätzliche Entmilitarisierung von Konfliktlösungen, auf eine Kultur des Kompromisses in den politischen und gesellschaftlichen Beziehungen lokal und global zielt, wird es keine Erneuerung des Friedensbundes geben.
Die Texte zeigen deutlich, wo konkret die Herausforderungen liegen, geben Orientierung für den weiteren ökumenischen Prozeß — auch hierzulande. Die ökumenischen Versammlungen in der DDR und der BRD und die in Basel, die erste Vollversammlung in Seoul, sie waren und sind erste Schritte auf dem gemeinsamen Weg; die Vollversammlung des ÖRK in Canberra folgt 1991; weitere Schritte müssen und werden folgen.
Die hier vorgelegte Fassung der Texte der Ökumenischen Versammlung in der DDR folgt der für den innerkirchlichen Gebrauch in der DDR vervielfältigten Dokumentation. Sie wurde noch einmal sorgfältig auf Druckfehler, Auslassungen und andere Fehler durchgegangen und stellt damit eine gegenüber anderen, unmittelbar nach der Versammlung aktuell veröffentlichten Dokumentationen erheblich verbesserte Ausgabe dar. Wir danken allen, die dies ermöglicht haben, und besonders auch denen, die auf andere Weise wesentlich dazu beigetragen haben, daß diese Dokumentation erscheinen konnte.
Berlin, im Februar 1990